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Jürgen Paasche, SVP Business Development

Juergen_PaascheArbeiten bei MedialineJürgen Paasche verfügt über eine enorme Erfahrung als Führungskraft und ein beachtliches Netzwerk in der Branche. Seit 2019 bringt er seine Fähigkeiten als Senior Vice President bei Medialine ein und hat seit dem viel bewegt. In diesem Interview gibt er uns Einblicke in seine Arbeit und seine Einschätzungen zu aktuellen Entwicklungen - auch außerhalb der IT-Branche.

Das Interview wurde im Jahr 2021 durchgeführt.

ML: Hallo Jürgen, vielen Dank, dass du dir für unser Gespräch Zeit genommen hast. Du kannst auf eine große Berufserfahrung von über 32 Jahren im Geschäft zurückblicken. Was sind deiner Meinung nach Trends und Entwicklungen, die sich über die Zeit entwickelt haben?

JPA: Die Aufgabenstellungen sind komplexer geworden – gerade durch die An- und Einbindung der vielen mobilen Systeme, die es in den Unternehmen gibt. Das Thema Cloud bietet den Unternehmen eine Alternative zum Thema „on Premise“, gerade in Bezug auf die Kosten. Der Fachkräftemangel zwingt sehr viele Firmen dazu, sich mit dem Thema Cloud und Managed Service zu beschäftigen, weil sie die Themen nicht mit dem eigenen Team stemmen können.

ML: Inwiefern glaubst du wird die Cloud noch größer werden als Thema – wird das etwas Zentrales werden in Zukunft oder ist es das aktuell bereits?

JPA: Vor fünf bis sechs Jahren musste man Kunden noch erklären, was Cloud ist. Mittlerweile ist es „state of the art“. Es geht nicht mehr darum, ob Cloud, sondern welche Art von Cloud – hybrid oder public oder private. Wir machen das mit unserem Medialine Angebot ganz gut (lacht). Wer da nichts findet, ist selbst dran schuld.

ML: Schön gesagt. Du hast gerade davon gesprochen, dass sich auch die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern verändert hat. Du bist selbst seit über 20 Jahren Führungskraft – wie würdest du umreißen, wie sich die Branche in dieser Zeit entwickelt hat?

JPA: Der Umgangston ist legerer geworden. Vor 20 Jahren war auch das Thema „Duzen“ noch relativ selten, heute ist das normal. Die Aufgabenstellungen sind hingegen gleichermaßen taff geblieben. Man muss also einen Mittelweg zwischen der richtigen Ansprache und der Durchsetzung der notwendigen Themen finden. Nach wie vor braucht eine Führungskraft – heute wie damals – therapeutische Fähigkeiten.

ML: Was meinst du mit therapeutischen Fähigkeiten?

JPA: Ich finde, dass Mitarbeiter anspruchsvoller und empfindlicher geworden sind in Bezug auf ihre Work-Life-Balance. Früher gab es keine Diskussionen darüber, wenn man auch mal spontan beruflich eine Reise antreten musste. Heute kommt man da teilweise in Erklärungsnöte. Aber es ist eben notwendig, das ist der Zeitgeist.

ML: Eine andere deiner Aufgaben bei der Medialine AG ist die des M&A (Mergers and Acquisitions) Koordinator. Dadurch hast du die Entwicklung der MLAG direkt und sehr eindrücklich mitbekommen – gerade auch durch deine enge Zusammenarbeit mit Martin und Stefan Hörhammer. Was muss ein Unternehmen denn haben, damit es für eine Zusammenarbeit mit uns in Frage kommt?

JPA: Verschiedene Faktoren spielen da eine Rolle. Wichtig ist zum Beispiel die Unternehmenskultur. Die wiederum ist immer eine Frage von Menschen. Das beginnt beim Geschäftsführer als Pendant zu unseren beiden Vorständen und bricht sich runter auf die Teamleiter- und Mitarbeiterebene. Da kommt zum Tragen, was du vorhin angesprochen hast: der Führungsstil. Ist das Unternehmen noch sehr stark hierarchisch geführt oder gibt es, wie bei uns, flache Strukturen, die kollegial sind und miteinander funktionieren? Das muss zusammenpassen. Bedingung ist natürlich, dass der Rest wie die Skillmatrix der Mitarbeiter, der Herstellermix oder die regionale Positionierung des Unternehmens stimmig ist. Aber die Kultur ist schon sehr wichtig, und da spielt am Ende auch der Jahrgang eines Geschäftsführers eine große Rolle - das Alter prägt.

ML: Wo würdest du als Mitarbeiter, aber vor allem auch als langjähriger Branchenprofi, Medialine auf den Markt einordnen und wo würdest du sagen kann oder soll es noch hingehen?

JPA: Um eine Analogie zum Fußball zu bemühen: Ich glaube schon, dass wir mittlerweile in der ersten Bundesliga angekommen sind. Jetzt müssen wir dort noch unseren Platz finden. In der Außendarstellung sind wir noch recht bescheiden im Sinne von „zurückhaltend“ – wir sind eben nicht der FC Bayern, der mit zu viel Selbstvertrauen durch die Gegend läuft, wir sind da ein wenig provinzieller. Wir könnten mehr trommeln, wir könnten mehr Sichtbarkeit auf uns lenken, aber das ist nicht unbedingt der Stil von Martin und Stefan. Deren Stil ist viel eher, einen guten Job zu machen und durch Leistung, statt durch lautes Marketing sichtbar zu werden. Wir sind nicht so sehr auf dem allgemeinen Radar, außer natürlich, man hat bereits mit uns gearbeitet. Das hat verschiedene Vor- und Nachteile, beispielsweise in Bezug auf Rekrutierung oder im Wettbewerb mit anderen.

ML: Mit Beginn des Jahres wurde die IT-On.NET in unseren Unternehmensverbund eingegliedert, du bist als Collaboration Manager mit der Kopplung und der Prozessoptimierung besonders betraut. Wo siehst du die größten Herausforderungen und was ist das Schönste an der Aufgabe?

JPA: Was mir immer am meisten Spaß macht und was ich als das Schönste allgemein in meinem Beruf empfinde, ist der Umgang mit Menschen: die Personen vor Ort und ihre Reaktionen auf den Merger kennenzulernen. Ihre Erwartungshaltung mitzubekommen und ihnen widerzuspiegeln: An Stelle X müssen wir noch nachbessern, um diese Haltung zu treffen. Das ist nicht leicht, da sich das Daily Business ja nicht einfrieren lässt. Hier hat man die Kunden- und Projektsituationen – dort muss man die Integration von Menschen, Prozessen und Tools vorantreiben. Das ist nicht einfach mal so mit links gemacht. Auch da ist wieder die Kultur eine Herausforderung: Wenn ein Unternehmen wie die IT-On.NET 18 Jahren durch seinen geschäftsführenden Gesellschafter geprägt wurde, stellt sich natürlich als wichtige Aufgabe, da den Medialine-Touch reinzubringen.

ML: Wie würdest du diesen Medialine-Touch charakterisieren, was heißt das?

JPA: Vor allem durch Offenheit und eine gewisse Geschwindigkeit. Martin und Stefan geben ein gutes Tempo vor, und beide haben Mitarbeiter um sich geschart, die dieses Tempo mitgehen. Eine Aufgabe ist es, genau dieses Tempo in anderen Unternehmen zu etablieren – einerseits ohne uns auszubremsen, andererseits ohne den Partner abzuhängen. Das Produktportfolio von Medialine ist wirklich sehr groß. Für die IT-On.NET heißt das, dazu lernen zu müssen. Es kommen neue Themen dazu wie ein umfangreiches Cloudangebot, ELO oder auch einfach die viel größere Kapazität durch die acht Rechenzentren, auf die wir unsere Kunden schalten können. Das ist eine Größenordnung, mit der ein Unternehmen umgehen können muss. Die Menschen müssen das auch vom Kopf her übersetzen.

ML: Welche Möglichkeiten ergeben sich für die Medialine AG durch die Zunahme der IT-On.NET? Wie hat sich unser Portfolio durch unsere Kooperation erweitert?

JPA: Natürlich haben wir eine Menge wichtiger Spezialisten dazugewonnen. Wir haben aber auch beispielsweise auf der Herstellerseite F-Secure, Fujitsu und WatchGuard dazu gewonnen – konnten uns also um diverse Produkte und Skills erweitern. Aber das Wertvollste: Wir sind in der Region NRW jetzt mit einem vollwertigen Systemhaus vertreten, das zwischen 35 bis 40 Mitarbeiter hat. Was bedeutet, dass wir auf der Landkarte mal wieder eine Lücke geschlossen haben. Das ist wichtig für die Kundendurchdringung und auch für die Akzeptanz in dieser Region: Beispielsweise wird die Telekom in Nordrhein-Westfalen nun von sechs statt wie bisher von zwei Vertrieblern bedient. Unsere Schlagkraft in den Markt hinein wächst dadurch ungemein, was sicherlich einen Zuwachs im Umsatz zur Folge haben wird.

ML: Den Kundenkontakt im Vertrieb schätzt du auch nach über 30 Jahren nach wie vor noch, oder? Das merkt man dir richtig an.

JPA: Es gibt diesen schönen Spruch: „Mach dir ein paar schöne Stunden, fahr‘ zum Kunden.“ Das klingt natürlich ein wenig flapsig, trifft aber einen wichtigen Punkt: Beim Kunden bekommt man in der Regel wirklich gutes Feedback. Man bekommt Anerkennung, Aufmerksamkeit und Wertschätzung – man lernt eben Menschen kennen, mit denen man auch mal über private Dinge spricht, gerade in der aktuellen Zeit. Mich hat es im Vertrieb immer gereizt, rauszugehen und im Erstkontakt nicht zu wissen: Was sitzt dort für ein Mensch? Was hat er für Eigenschaften, möchte er konkret unseren Skill oder nur ein Vergleichsangebot? Diese Möglichkeit hast du meiner Meinung nach nur in ganz wenigen Berufen.

ML: Wie würdest du sagen hat sich dein Skillset für den Umgang mit Menschen im Laufe der Jahre entwickelt?

JPA: Ich glaube, dass ich mit der Zeit gelernt habe, mich sehr schnell auf Situationen einstellen zu können – du machst eine Tür auf und begegnest einem Menschen, von dem du sein Bestes willst – nämlich sein Budget – und der von dir deinen Skill möchte. Am Ende also eine Win-Win-Situation. Das in Einklang zu bringen, ist immer wieder aufs Neue spannend. Ich habe da auch sehr selten einen roten Faden, ich gehe da ganz unbedarft ran und lasse es auf mich zukommen. Wichtig sind an dieser Stelle besonders eine gute Menschenkenntnis, Offenheit für neue Situationen und Ehrlichkeit. Diese Aufrichtigkeit bedeutet gerade, auch mal Nein zu sagen. Da bekommt man über die Jahre eine gewisse Routine und Ruhe, das merkt dein Gegenüber auch. Kunden haben verschiedene Vorstellungen und Ansprüche, die sie neben der fachlichen Expertise an uns stellen: Manche möchten zum Beispiel nur, dass man sich einfach ein wenig mehr um sie kümmert als der Mitbewerber. Das ist ein sehr wichtiger Teil unseres Jobs, den wir sehr ernst nehmen sollten.

ML:  Zum Ende unseres Gesprächs noch eine Frage zu deiner langjährigen Kundenerfahrung: Hast du eine Begegnung oder Geschichte mit einem Kunden, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

JPA: Mir fallen da ganz viele ein… aber eine Situation vielleicht: Wir waren gerade dabei, innerhalb unserer Büroräume umzuziehen. Dementsprechend waren alle Möbel verpackt oder abgedeckt, wir hatten keine Schreibtische – es herrschte ein wenig organisiertes Chaos. Das alles war in den 90er Jahren, daher gab es natürlich noch kein Internet. Plötzlich kam ein Anruf von einem Interessenten, der noch kein Kunde war, der schnelle Hilfe zu einem sehr akuten Problem brauchte. Ich habe dann auf dem Boden liegend Notizen auf einen Schmierzettel zu verschiedenen Konfigurationen gemacht, die mir durchgegeben wurden, mich darum gekümmert und ein Angebot geschrieben. In den nächsten drei Jahren wurde das dann unser größter Kunde. Solche Geschichten vergisst man nicht – und der Kunde eben auch nicht.

ML: Das glaube ich sofort. Danke für die spannenden Einblicke und das schöne Gespräch, Jürgen!
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