Andreas und Julia Bartelt, Operations Engineer
Arbeiten im Homeoffice kann Herausforderungen mit sich bringen. Besonders wenn plötzlich beide Partner zu Hause sind. Für Julia und Andreas Bartelt ist das normal: Beide sind Operation Engineers bei Medialine und arbeiten bereits seit Jahren aus dem gemeinsamen Homeoffice.
Dieses Interview wurde im Jahr 2020 durchgeführt.
ML: Hallo Julia, Hallo Andreas. Zurzeit arbeiten sehr viele Menschen ausnahmsweise im Homeoffice. Für euch ist das normal. Wie seid ihr zum Homeoffice gekommen und seit wann macht ihr das?
JB: Wir haben uns 2007 bei unserer Ausbildung zum IT-Systemelektroniker bei der Bundeswehr kennen gelernt und uns nach unserer Zeit dort gemeinsam selbstständig gemacht. Für uns ist es also normal gemeinsam zu arbeiten. Als wir dann nach einem gemeinsamen Projekt zu Medialine gewechselt sind, konnten wir unser Homeoffice behalten, da unsere Arbeit kaum etwas anderes zulässt. Alles in allem sind wir mittlerweile über fünf Jahre im Homeoffice tätig.
ML: Fünf Jahre gemeinsam im Homeoffice. Da fragen sich sicher viele: Wie geht das? Wie organisiert ihr euch, um Stress und Streit zu vermeiden und das Home-Office produktiv zu nutzen?
JB: Unser großer Vorteil, den viele aktuell natürlich nicht haben: Wir haben zwei getrennte Büros, können so in Ruhe arbeiten und uns auch mal aus dem Weg gehen. Aktuell sehe ich auch viele, die am Esstisch oder anderen provisorischen Arbeitsplätzen arbeiten. Das sind natürlich andere Voraussetzungen. Ich finde es besonders wichtig, dass jeder seinen Rückzugsort hat und dass man, so gut es geht, die Räume trennt. Nicht jeder hat ein Arbeitszimmer, aber es muss klar sein, dass man jetzt arbeitet und man auch nicht mal kurz die Wäsche aufhängen oder den Rasen mähen kann. Es muss klar sein, was Arbeitszeit und was private Zeit ist. Das muss der Partner akzeptieren.
AB: Diese Trennung ist aber etwas, was bei uns sehr lange gedauert hat. Das ist einfach sehr schwierig. Mittlerweile haben wir da einen gemeinsamen Weg gefunden. Wir kochen zum Beispiel abends oft zusammen und dann sind halt auch die Handys und PC’s weit weg. Somit haben wir uns das als private Zeit gesichert. Das finde ich persönlich sehr wichtig.
ML: Du hast gerade angesprochen, dass es euch schwergefallen ist, Arbeit und Privates klar voneinander zu trennen. Was seht ihr noch als Herausforderung, wenn man nun als Paar gemeinsam im Homeoffice „gestrandet“ ist?
AB: Homeoffice hat für mich 2 große potenzielle Probleme: Das erste ist, dass du in deiner privaten Umgebung bist und es deswegen nicht schaffst, dich richtig zu motivieren. Das zweite ist das genaue Gegenteil: Du kommst von der Arbeit nicht mehr los, weil deine Arbeit bei dir ist. Du bist ja eh Zuhause, dann kannst du auch nochmal schnell an den PC gehen, etwas fertig machen, einen Anruf beantworten etc. Man muss lernen, klar zu sagen: Jetzt habe ich Feierabend und jetzt gehe ich nicht mehr ans Telefon und beantworte auch keine Nachricht mehr.
JB: Eine weitere Herausforderung wird sein, dass viele Paare sich nun auf einmal 24/7 sehen. Da kann ein Haus oder eine Wohnung natürlich mal sehr klein werden. Das ist für uns seit über 10 Jahren Alltag. Es geht also. Ich kann mir aber vorstellen, dass beim Abendessen erstmal die Gesprächsthemen ausgehen oder sich zumindest verändern. Man braucht sich ja nicht mehr erzählen, was man den Tag über gemacht hat. Das bekommt der Partner jetzt mit.
AB: Zudem gibt es ja auch Paare, bei denen aktuell nur noch einer arbeiten kann. Da muss man schon aufeinander Rücksicht nehmen. Ich denke, es wäre schwierig, wenn einer die ganze Zeit arbeitet und seinem Partner dabei zugucken muss, wie er auf der Couch liegt und Netflix schaut. Da sollte man einfach miteinander reden und eine gemeinsame Lösung finden.
ML: Wie habt ihr diese Probleme gelöst?
JB: Gerade das Problem, dass ich gerade angesprochen habe, stellt sich bei uns ja quasi nicht. Wir arbeiten im gleichen Unternehmen. Wir brauchen uns eh nichts von der Arbeit zu erzählen, weil es den ganzen Tag mehr oder weniger Thema ist. Trotzdem versuchen wir, Arbeit und Privates so gut es geht zu trennen und dann beim Essen eben nicht über Medialine zu erzählen.
AB: Bei uns persönlich lässt sich das Problem, dass wir eher zu viel arbeiten, schwer einschränken. Julia muss als Service-Delivery-Managerin die meiste Zeit erreichbar sein und ich habe sehr unregelmäßige Arbeitszeiten und arbeite oft und viel nachts. Das Problem, dass wir uns im eigenen Zuhause schwertun, uns zu motivieren, haben wir mit Terminplanung besiegt. Wir haben z.B. jeden Morgen um 9:30 einen Teamcall. Spätestens dann fangen wir an zu arbeiten.
ML: Wie geht ihr mit Ablenkungen zuhause um?
AB: Ehrlich gesagt, sehe ich im klassischen Büro mehr Potential zur Ablenkung. Da sitzt man mit mehreren Leuten im Büro. Jeder hat mehr oder weniger irgendwas. Jede auch nur kleine Frage, reißt einen aus der Konzentrationsphase. Wenn du im Homeoffice bist, müssen die Leute anrufen. Und da überlegen sie es sich doch noch zwei oder drei Mal ob es jetzt so wichtig ist. Im Büro wird die Frage einfach über den Tisch oder durch den Raum gestellt. Wenn ich so an meine Zeit bei der Bundeswehr zurückdenke, bin ich Zuhause doch deutlich produktiver.
JB: Man muss fairer Weise sagen, wir haben kein Kind, was uns auf Trapp hält. Aber auch unser Hund will ab und an mal raus. Wir machen das dann so, wie es passt. Wir teilen uns unsere Arbeit eigenverantwortlich ein. Das bedeutet auch, dass wir dann tagsüber mal mit dem Hund raus gehen oder uns auch nochmal aufs Ohr legen, wenn wir nachts wieder lange gearbeitet haben. Man muss im Homeoffice ja nichts in eine bestimmte Zeit quetschen. Ich muss Andreas aber grundsätzlich zustimmen. Ich habe hier weniger Ablenkung und bin deutlich produktiver.
ML: Habt ihr auch manchmal Streit oder seid genervt vom andern (weil man sich den ganzen Tag sieht)? Und falls ja, wie geht ihr damit um?
JB: Klar gibt es auch mal Streit, aber den gibt es überall. Manchmal sind wir auch genervt von einander, und das finde ich bei uns teilweise sogar schlimmer als bei anderen, da wir im gleichen Job arbeiten. Die Ursache? Wenn bei einem Mal ein Thema liegen bleibt, muss der andere ihn an sowas erinnern. Das ist dann natürlich nicht immer schön, da man sich ja immer noch lieb hat.
ML: Auch wenn ihr die Frage schon mehr oder weniger beantwortet habt. Was gefällt euch am Homeoffice besonders gut und würdet ihr mit dem klassischen Office Modell tauschen wollen?
JB: Klares Nein. Aber auch das klassische Office hat seine Vorteile. Man kommt unter Menschen und hat natürlich mehr persönlichen Austausch. Das fehlt natürlich. Wir sitzen hier in Flensburg weit weg von allen Kollegen. Wir freuen uns deswegen immer auf die Treffen mit den anderen Technikern oder wenn wir mal durch einen Kundenbesuch an einem unserer Standorte vorbeischauen. Wie schon gesagt, bin ich persönlich Zuhause aber deutlich produktiver als im Office. Das ist meine Erfahrung und deswegen möchte ich auf keinen Fall tauschen.
AB: Das kann ich absolut bestätigen. Für mich ist die Freiheit im Homeoffice das Beste. Die völlig freie Zeiteinteilung. Wenn mein Schreibtisch leer ist mache ich eine Pause. Wenn wenig los ist, sitze ich nicht ohne To-Do im Büro, sondern kann zuhause etwas anderes machen, eine Runde mit dem Motorrad drehen oder mich einfach mal ausruhen. Ich habe keine Anfahrt und keinen Weg nach Hause. Wenn ich um 9:30 meinen ersten Call habe, dann reicht es auch mal um neun erst aufzustehen. Die große Freiheit ist aber gleichzeitig auch das große Manko. Manchmal wünscht man sich feste Zeiten und den Feierabend um 17 Uhr, damit dann auch wirklich Feierabend ist, weil man den Rechner und das Telefon auf der Arbeit lässt und so einen klaren Cut schafft. Tauschen wollte ich aber trotzdem nicht.
ML: Was ist euer Geheimtipp für entspanntes Arbeiten im Homeoffice für die Leser?
JB: Ich denke es ist ganz wichtig miteinander zu reden und eine möglichst klare Trennung zu schaffen. Ich finde Teamcalls super, weil man sich einfach kurz abstimmen kann und auch einfach der Kontakt gepflegt wird, wenn man sich schon nicht persönlich sieht.
AB: Ganz viel Druck kommt von einem selbst, deshalb ist mein Tipp: Man sollte sich selbst nicht zu viel Stress machen!